Experten geben am Stromberg-Gymnasium Anregungen zum Junior.ING-Wettbewerb unter dem Motto „Turm – hoch hinaus“: „Es darf geschraubt und genagelt werden“
Als ein Schüler fragt, wie er seinem Turm die nötige Standfestigkeit verleihen kann, stutzt Norbert Schröter für einen Moment. Natürlich nicht, weil er die Antwort nicht wüsste. Der leitende Architekt der Bau- und Gebäudestrategie der Kreissparkasse Ludwigsburg will aber dem anderen Referenten des Abends nicht vorgreifen. Deshalb nur so viel: „Irgendwo muss es Stützen geben und irgendwo muss es Fundamente geben – sonst hält nichts!“ Auch in diesem Jahr sind Norbert Schröter und Prof. Dr. Alexander Hub, geschäftsführender Gesellschafter bei Alfred Rein Ingenieure GmbH, ans Stromberg-Gymnasum gekommen, um die Achtklässlerinnen und Achtklässler auf den Wettbewerb Junior.ING der Ingenieurkammer Baden-Württemberg einzustimmen.
Schon allein das Motto des Wettbewerbs in diesem Schuljahr soll die Nachwuchsingenieurinnen und –ingenieure dazu anspornen, über sich hinauszuwachsen: „Turm – hoch hinaus“ lautet es. Die Aufgabe: Das Modell eines Turms zu entwerfen und zu bauen. Ob ein Aussichtsturm, ein Meldeturm oder ein Rathausturm – der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Der Turm muss aber auf einer 25 mal 25 Zentimeter großen und zwei Zentimeter dicken Grundplatte stehen, selbst eine Grundfläche von 15 mal 15 Zentimeter haben, 70 Zentimeter hoch sein und über eine Aussichtsplattform verfügen. Er ist in der Grundplatte gut zu verankern, und die Plattform muss an jeder beliebigen Stelle ein Gewicht von 500 Gramm tragen können, denn: Echte Türme haben schließlich auch „Wind und Erdbeben“ zu trotzen, so Schröter.
Wie der Architekt erläutert, ist die Anzahl der Materialien begrenzt. Erlaubt sind Drähte, Holz, Kleber, Kunststoff, Nieten, Papier, Schnur, Schrauben, Stecknadeln –kurz: Materialien, die nicht mit elektrisch betriebenen Maschinen wie etwa Fräsen bearbeitet werden müssen. Zwar können bereits existierende Türme nachgebaut werden, aber „die Jury freut sich auch über eigene Türme“, weiß der Architekt. Denn nicht zuletzt sind es die Gestaltung und die Originalität ihres Modells, mit denen die Schülerinnen und Schüler die Jury beeindrucken können.
Um den Jugendlichen Inspiration für ihre eigenen Bauwerke zu liefern, gibt ihnen Schröter zunächst einen Überblick über eindrucksvolle Türme in aller Welt. Das Spektrum reicht vom Bahnhofsturm am Stuttgarter Hauptbahnhof, den 2001 gebauten Killesbergturm oder den Stuttgarter Fernsehturm, den Schröter als „Klassiker“ betrachtet, über den Eiffelturm in Paris und den Aussichtsturm für den Olympiapark in London bis hin zum Stratosphere Tower in Las Vegas, den Canton Tower im chinesischen Guangzhou oder den Skytower in Neuseeland.
Wenn es um besonders kreative Ideen geht, ist es allerdings gar nicht notwendig, in die Ferne zu schweifen: Der Rheinturm im Medienhafen in Düsseldorf etwa verfügt über ein Restaurant auf einer Plattform, die sich dreht. Zum Schluss seines Vortrags kommt Norbert Schröter nochmals auf die Bedeutung des Fundaments zu sprechen – und animiert die Schülerinnen und Schüler dazu, nicht zimperlich vorzugehen: „Unten bei der Bodenplatte darf auch geschraubt und genagelt werden“, so der leitende Architekt. Die Modelle müssen schließlich den Transport zur Ingenieurkammer Baden-Württemberg überstehen, der die Bewertung obliegt.
Wie von Norbert Schröter angekündigt, richtet Prof. Dr. Alexander Hub im Anschluss das Augenmerk auf die unterschiedlichen Möglichkeiten, wie Türme so konstruiert werden können, damit sie Wind und Wetter sowie großen Besucheranstürmen standhalten. Dabei gilt: „Turm ist nicht gleich Turm, es gibt ganz verschiedene Konstruktionen.“ Als eine der typischsten Bauweisen stellt Hub den Schülerinnen und Schülern die Fachwerkkonstruktion vor. An einem der berühmtesten Beispiele – dem Eiffelturm – erläutert Hub, woraus ein Fachwerkelement besteht: „Es ist ein Dreieck aus Stäben, das immer erweitert wird, nicht nur in der Ebene, auch im Dreidimensionalen.“ Die Details zu entwickeln, „um eure Stäbe schön miteinander zu verbinden“, ist nun Sache der Jugendlichen. Denn: „Am Ende begutachten Ingenieure euer Werk mit Argusaugen.“ Und da das (Argus-)Auge bekanntlich mitisst, animiert er die Schüler: „Sucht nach einer guten Idee für euren Turm und für die Details – und verkauft eure Idee, indem ihr zum Beispiel ein Männchen hinstellt oder farbliche Akzente setzt.“
Auch er hat eine Vielzahl an bereits existierenden Bauwerken parat, die die Schülerinnen und Schüler inspirieren könnten. Die Palette reicht vom Killesbergturm, der „viel Leben in sich hat sowie eine effiziente und stabile Struktur aufweist“ und dem Urbachturm im Remstal, einer Holzkonstruktion, die 2019 eigens für die Landesgartenschau errichtet wurde, über den aus Stahl gefertigten, 2023 eröffneten Atzelbergturm bis hin zum Aussichtsturm am südwestlichen Ufer des Cospudener Sees südlich von Leipzig. Hier garantiere ein Netz von Seilen die Stabilität des Turms. Hub lobt die „ästhetische Ausführung“, die aber mit einer „anspruchsvollen Umsetzung“ einhergehe.
Ob nun Holz, Stahl oder Seil zum Einsatz kommen: „Lasst euch ruhig was einfallen, überlegt und tüftelt“, motiviert der Professor die Jungingenieurinnen und Jungingenieure. Bis März müssen sie allerdings ihre Türme ausgetüftelt und alles fertiggenagelt, geschraubt und geklebt haben. Dann müssen die fertigen Modelle nämlich bei der Ingenieurkammer Baden-Württemberg vorliegen. Die Verleihung der Landespreise findet im Mai im Europapark Rust statt. Den Landessiegern winken ein Preisgeld von 250 Euro sowie die Teilnahme am Bundeswettbewerb.
Bericht und Fotos: Sy