Lange hatte Vaihingen darauf verzichten müssen, nun war das Myoli-Benefizkonzert endlich zurück, nach der mehrjährigen, pandemiebedingten Pause: Am Sonntag, den 21.April 2024 kamen die Vaihinger endlich wieder in den Genuss von Klängen aus dem Swing-, Jazz- und Popbereich.
Nach einem Begrüßungsstück dankte Moderator Hauke Nuyken den vielen Helferinnen und Helfern für die Organisation, der Stadt Vaihingen für die kostenlose Bereitstellung der Stadthalle, dem Hausmeister für seine Mithilfe und nicht zuletzt den großzügigen Hauptsponsoren. Der Zeitgeist werde heutzutage von der „Digitalisierung unseres Lebens dominiert“, befand Roland Wirth, stellvertretender Schulleiter des Stromberg-Gymnasiums. Angesichts dessen grenzt es für ihn „fast an ein Wunder, dass sich noch Jugendliche finden, die ein analoges Instrument erlernen“ – und dies zudem noch gemeinsam als Gruppe, im Chor conTakt und in der Big Band des Stromberg-Gymnasiums. „Wir als Schule freuen uns, mit der hochkarätigen Bosch Big Band hier in einem größeren Rahmen auftreten zu dürfen“, so Wirth, der auch von der Mitwirkung zahlreicher ehemaliger Schülerinnen und Schüler des Stromberg-Gymnasiums höchst angetan war.
Im ersten Teil des Programms zeigte die Big Band des Stromberg-Gymnasiums gleich eindrucksvoll die gesamte Bandbreite ihres Repertoires. Einstudiert hatte sie ihr Programm unter Leitung von Patrick Stein, der erst seit diesem Schuljahr am Stromberg-Gymnasium tätig ist und bewies, wie sehr er als Bandleader in seinem Element ist. Los ging’s mit dem Rock-Klassiker „The Final Countdown“ von der schwedischen Band Europe, bevor die jungen Musikerinnen und Musiker das Publikum mit „Mas que nada“ ins sonnige Brasilien entführten. Dort durfte es bei den Klängen der Samba „Brazil“ noch ein wenig verweilen, die von Ida Fritsch am Altsaxofon und von Kathi Sternberger an der Posaune veredelt wurde. Als fachkundige Reiseleiterinnen erwiesen sich Soey Alvermann und Julia Schattka aus der Klasse 7b, die das Publikum charmant mit Informationen zu den Musikstücken versorgten. Sie stimmten die Zuhörerinnen und Zuhörer auch auf die letzten beiden Stationen der Reise ein: Mit dem Titelsong der Fernsehserie „Hawaii Five-0“ wurden erneut sonnige Gefilde angesteuert, bevor die Reiseroute dann ins kühlere Nordamerika führte: Der melancholische Soul-Klassiker „Ain’t no sunshine“ von Bill Withers passte mit dem beherzten Posaunen-Solo von Kathi Sternberger hervorragend zu diesem verregneten Sonntagmorgen.
Anschließend hieß es „Bühne frei“ für „conTakt“, den gemeinsamen Chor des Stromberg-Gymnasiums und der Jugendmusikschule Vaihingen. Der musikalische Reigen, den Chorleiterin Elvira Lessle mit den jungen Sängerinnen und Sängern einstudiert hatte, reichte vom leidenschaftlichen „Besame mucho“ über das mystische „Black Orpheus“ bis hin zum romantischen „Fly me to the moon“. Die Interpretation dieses bekannten Jazz-Klassikers von Bart Howard aus dem Jahr 1954 übernahm der junge Tenor Tobias Fink und lieferte damit ein so kraft- wie eindrucksvolles Solo ab. Der Chor, der sich stets auf die einfühlsame Begleitung durch Carmen Förnzler am E-Piano verlassen konnte, beförderte die romantische Stimmung mit „A certain smile“ zunächst, bevor die Sängerinnen und Sänger sich höchst temperamentvoll und schnippisch die Bälle bei „Hit the road, Jack“ zuspielten. Das Lied der von Martin Luther King angeführten amerikanischen Bürgerrechtsbewegung „Hymn to freedom“ sorgte für einen berührenden Abschluss. Die Botschaft des Textes, gemeinsam in Harmonie leben zu wollen, um frei sein zu können, unterstützten die Musikerinnen und Musiker der Big Band, indem sie bei der Wiederholung dieser Friedenshymne aufstanden und engagiert in den Chor einstimmten.
Die Big Band des Stromberg-Gymnasiums übernahm dann auch wieder und erzeugte mit „Autumn leaves“ eine ähnliche, zur herbstlichen Witterung passende Stimmung wie mit dem zuvor gespielten „Ain’t no sunshine“. Auf der Zielgeraden drehte die Big Band dann aber nochmals so richtig auf: Mit „Moves like Jagger“ und „Party Rock Anthem“ präsentierten sie zwei Fetenhits der jüngeren Chartsgeschichte, bei denen Ida Fritsch am Altsaxofon, Max Riedinger und Jonathan Rösler an den Trompeten und erneut Kathi Sternberger an der Posaune brillierten. So stilsicher wie furios verabschiedeten sich die Musikerinnen und Musiker mit dem „Pink Panther Theme“, das Henry Mancini ursprünglich für eine Krimireihe komponiert hatte und das gleichsam die Spannung auf den zweiten Teil der Veranstaltung weckte. Die Soli von Stephanie Geltner am Altsaxophon und von Lea Fleischle am Barisax verweilten auch in der Pause noch angenehm in den Ohren.
Nach der Pause begrüßte Robert Sloboda, der Vorstandsvorsitzende von Myoli e.V., die Gäste und stellte den Verein – 2011 hauptsächlich durch Bosch-Mitarbeiter gegründet – kurz vor. „Myoli“ ist Xhosa und bedeutet „Wohlbefinden“ – und genau das ist auch das Vereinsziel: Ein Stück Wohlbefinden in den Township Khayelitsha in Südafrika zu bringen und den Kindern und Jugendlichen dort Möglichkeiten zu eröffnen, die ihnen sonst verwehrt bleiben. Stolz wies der Vereinsvorsitzende auf Erfolge in der Arbeit mit den jungen Menschen hin, die in eine Welt aus Armut, Kriminalität, Arbeits- und Perspektivlosigkeit geboren werden. So habe eine vom Verein über mehrere Jahre hinweg betreute junge Frau ihr Studium zur Lehrerin erfolgreich abgeschlossen, eine weitere habe gerade dank der tatkräftigen Unterstützung durch die deutschen Vereinsmitglieder Anja Lehmann und Sven Tornow mit ihrem Studium begonnen und besuche nun als erstes Kind in ihrer Familie eine Universität. Genauso stolz, betonte Sloboda, mache es den Verein natürlich, wenn einer seiner Schützlinge eine Ausbildung beginnt. Alles das sei nicht selbstverständlich, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Verein auch schon schweren Herzens Kinder aus dem Förderprogramm habe herausnehmen müssen, weil sie seinem Anspruch nach „Fördern, aber auch Fordern“ nicht gerecht geworden seien. Seit dem Beginn 2011 mit drei Kindern sei der Verein nun in seinem „Learning4Food-Programm“ bei 25 Kindern und Jugendlichen angelangt. „Eine stolze Zahl, die unser erfolgreiches Wachstum zeigt“, so Sloboda.
Im zweiten Teil des Programms zeigte die Bosch Big Band ihr exquisites Können unter ihrem Dirigenten Matthias Anton. Der Bogen spannte sich von Klassikern der Swing-Ära bis zu komplexen modernen Kompositionen. Neben Klassikern wie „Basie Straight Ahead“ und „Marguarite“ von Sammy Nestico standen auch deutschsprachige Titel wie „Ich atme ein“, „Zieh‘ die Schuh‘ aus“ oder „Das Experiment“ aus dem Repertoire des 2016 verstorbenen Roger Cicero auf dem Programm. Auch sie wurden vom Publikum begeistert aufgenommen, woran die einprägsame Stimme des Sängers Kevin Roth sicher einen großen Anteil hatte, die der des Originalinterpreten in nichts nachsteht. Weitere Titel waren „Island groove“ und „Departure of an angel“ von Thorsten Wollmann sowie „I wish you love“ und „Ballad for a friend“ von Peter Herbolzheimer. Der Jazzstandard „Straßburg St. Denis“ wurde ursprünglich von Roy Hargrove komponiert, der 2018 im Alter von nur 49 Jahren verstarb. Insbesondere durch die hervorragenden Solisten Alexander Springer an der Trompete und am Flügelhorn, Franz Pregler am Piano, Anton Moshammer am Tenorsaxophon und Leonard Riedisser am Alt-Saxophon lebte der Song neu auf und begeisterte die Zuhörer erneut. „Universe 2001“ der Heavytones war genauso zu hören wie „Girl talk“ von Neil Hefti.
Den krönenden Abschluss bildete „In the mood“, das gemeinsam von der Bosch Big Band mit der Big Band des Stromberg-Gymnasiums mit viel Temperament und Spielfreude vorgetragen wurde und von den begeisterten Eltern und Großeltern in den Zuschauerrängen gefeiert wurde. Bleibt zu hoffen, dass Vaihingen von weiteren, wodurch auch immer bedingten Musikpausen verschont bleibt und möglichst bald wieder in den Genuss einer solch hochkarätigen Darbietung kommt.
Bericht und Fotos: Sy / Robert Sloboda, Myoli e.V.