Mit dem Stärkenkompass durchs Schulleben

Was würdet ihr machen, wenn jeder alles dürfte? Stellt man den neuen Fünftklässlerinnen und Fünftklässlern am Stromberg-Gymnasium diese Frage, sprühen sie vor Kreativität: Einer würde dann den ganzen Tag Sport machen, eine andere die Unterrichtszeit mit Filmeschauen verbringen. Wieder andere würden sich nach Herzenslust in der Mensa oder am Kiosk des Hausmeisters bedienen – oder gleich eine Essensschlacht veranstalten. Ein besonders fantasievoller Schüler würde am liebsten die Sporthalle fluten, um sie zum Schwimmbad umzufunktionieren. Doch schnell wird den Jüngsten am Stromberg-Gymnasium klar: Wenn jede und jeder immer machen dürfte, wonach ihr und ihm der Sinn steht, wäre ein gemeinsames Schulleben nicht mehr möglich.

Schülerinnen und Schüler aus der 5b erarbeiten sechs goldene Regeln für eine gute Atmosphäre im Klassenzimmer…

Ebenso schnell wird den Neuankömmlingen am ersten Kennenlerntag, der unter dem Motto „Wir in unserer Schule“ steht, bewusst: Damit im Klassenzimmer und im Schulhaus eine Atmosphäre herrscht, in der sich alle wohlfühlen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören eine gute Klassengemeinschaft, ein guter Umgang miteinander, nette Lehrer, die einem zuhören und den Lernstoff geduldig erklären, Ruhe und Konzentration im Unterricht – ein späterer Schulbeginn sowie kürzere Schlangen am Kiosk des Hausmeisters wären auch noch ganz schön. So ergeben sich aus dem anfänglichen „Jeder-darf-alles“-Szenario im Lauf des Vormittags in der Klasse 5b sechs goldene Regeln, deren Einhaltung die bestmögliche Atmosphäre im Klassenzimmer und im Schulhaus garantieren soll, allen voran: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu!“ Die weiteren Regeln sollen für ein Klima sorgen, in dem alle respektvoll, freundlich und hilfsbereit miteinander umgehen, jeder seine Meinung sagen darf und niemand ausgelacht wird. Damit die goldenen Regeln auch immer präsent bleiben, sind sie auf einem Plakat im Klassenzimmer der 5b notiert. Auch in den übrigen beiden fünften Klassen hängt das dort erarbeitete, ähnlich lautende Regelwerk gut sichtbar aus.

…bevor sie im Team eine imaginäre Lavalandschaft überwinden.

Gelegenheit dazu, die Regeln zu erproben, bot sich sogleich: Die Schülerinnen und Schüler sollten gemeinsam eine Möglichkeit finden, eine imaginäre Lavalandschaft auf dem Schulgelände zu überwinden, ausgestattet lediglich mit Seilen und zwei Holzleisten. Dies stellte sowohl ihre Geduld als auch ihre Fähigkeit zur Kooperation auf eine harte Probe. Als diese bestanden war, schmeckte das gemeinsame Mittagessen umso besser. 

Der zweite Kennenlerntag brachte für die frischgebackenen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten einen Tapetenwechsel: Mit Ariane Schwerdtle und Wolfgang Hepp, dem Team der Schulsozialarbeit am Stromberg-Gymnasium, machten sie sich auf ins neue Vaihinger Kinder- und Jugendzentrum (KiJZ). Dort ging es vor allem darum, als Klassengemeinschaft noch enger zusammenzuwachsen und das gegenseitige Vertrauen weiter zu stärken – getreu dem Motto des Tages „Wir in unserer Klasse“. Dazu diente beispielsweise ein Balanceakt: Es galt für die Klasse, im Kreis stehend ein an den Enden zusammengeknotetes Seil so straff zu halten, dass eine Schülerin oder ein Schüler darauf balancieren konnte. Sicherheit bot die Möglichkeit, sich auf den Schultern der anderen mit den Händen abstützen zu können. Zusätzlich lief eine Schülerin oder ein Schüler nebenher, um den Balancierenden notfalls aufzufangen. „Ich hatte schon ein bisschen Angst, dass ich runterfalle, weil das Seil immer so gewackelt hat“, gibt Dorothea zu. Letztlich habe das Spiel aber das Vertrauen in die anderen gestärkt.

Die Schülerinnen und Schüler der 5a müssen das Seil straff halten…

An diesem zweiten Kennenlerntag fiel auch der Startschuss für die Arbeit am Stärkenkompass. Dabei handelt es sich um ein Portfolio, das die Schülerinnen und Schüler in Klasse 5 gemeinsam anlegen und das sie ihre gesamte Schullaufbahn hindurch begleiten soll. Hier finden beispielsweise Urkunden, Feedbackbögen, Bescheinigungen über erfolgreich absolvierte Differenzierungsangebote und Projekte, in deren Rahmen die jungen Menschen ihre Stärken vertieft haben, ihren Platz. Auch Reflexionsübungen zu den eigenen Stärken und dem Umgang damit werden hier dokumentiert. Von Beginn an soll dadurch die Selbstreflexionsfähigkeit geschult und in der Arbeit mit dem Stärkenkompass stetig erweitert werden. Gut gepflegt und bestückt kann dieser Ordner so mit den Kindern und Jugendlichen wachsen, wegweisend sein für ihre schulische Reise und sie dabei unterstützen, ihre Ziele zu erreichen.

…damit ihre Mitschülerin darauf balancieren kann.

Im Rahmen der Kennenlerntage galt es für die Fünftklässlerinnen und Fünftklässler, sich zunächst einmal ihrer Stärken bewusst zu werden – und diese je nach Ausprägungsgrad in eine Reihenfolge zu bringen. Herzstück der Arbeit am Stärkenkompass an diesem Tag war das Verfassen eines Briefes, den die Schülerinnen und Schüler an sich selbst richteten. Inspiration lieferten verschiedene Impulsfragen: „Fühlst du dich wohl an deiner neuen Schule und in deiner Klasse?“ „Fühlst du dich gut aufgehoben?“ „Ängstlich oder eher zuversichtlich?“ „Was hast du bisher erreicht und wie fühlt sich das an?“ „Was möchtest du in diesem Jahr erreichen und wer kann dir dabei helfen?“

Wie die jüngsten Gymnasiastinnen und Gymnasiasten am Stromberg-Gymnasium diese Fragen in ihren Briefen beantwortet haben? Da gelten das Briefgeheimnis und strengste Vertraulichkeit. Aber sie blicken optimistisch in die Zukunft. Gelernt haben sie nun, „dass wir in der Klasse zu allen Vertrauen haben können und eine gute Klassengemeinschaft haben“, verraten Enni und Robin, die beiden neugewählten Klassensprecher der 5b. Auch ihr Klassenkamerad Marlon weiß jetzt, „dass ich nicht zurückgelassen oder ausgeschlossen werde“. Und das ist doch eine schöne Gewissheit.  

Info: Die Kennenlerntage sind Teil des Willkommensprogramms, das den neuen Fünftklässlerinnen und Fünftklässlern den Start in ihrer neuen Klasse am Stromberg-Gymnasium erleichtern soll. Um zu einer echten Gemeinschaft zusammenzuwachsen, in der sich alle wohlfühlen und entfalten können, sollen sie einander gut kennenlernen und von Anfang an einen respektvollen Umgang einüben. Den Auftakt macht an den ersten Tagen des neuen Schuljahres ein von der Fachschaft Sport organisierter Willkommenslauf. Hier treten die Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Disziplinen gegeneinander an und können so ihre Teamfähigkeit beweisen. Seinen Abschluss findet das Willkommensprogramm im Frühjahr 2024 mit einem Ausflugstag unter dem Motto „Wir gemeinsam unterwegs“. Das gesamte Schuljahr über bestehen zudem Schülerpatenschaften: Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen stehen den Neulingen bei Fragen zur Seite und unterstützen sie dabei, sich zu orientieren und ihren Platz in der Schulgemeinschaft zu finden.

Bericht: Sy, Fotos: Ci, Hk