Eine Erweiterung des Horizonts und ein anderer Blick auf das Schulleben

Um 19 Uhr liegt das Stromberg-Gymnasium meist verlassen da, die meisten Lehrer und Schüler sind schon längst zuhause. Jedoch nicht am vorletzten Donnerstag im Schuljahr. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus Klassenstufe 10 treffen gemeinsam mit ihren Eltern am Stromberg-Gymnasium ein, alle mit demselben Ziel: die Vorstellung der Ergebnisse des Future-Skills-Projekts in einem feierlichen Rahmen.

Das Future-Skills-Projekt ist ein Unterrichtskonzept, in dessen Rahmen die Jugendlichen in einem notenfreien Raum an einem selbstgewählten Thema lernen. Als Grundlage für die Themenfindung stehen ihnen die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) zur Verfügung, die von den Vereinten Nationen formulierten Ziele für eine nachhaltige Entwicklung weltweit auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene. Sie reichen von „Keine Armut“ über „Maßnahmen zum Klimaschutz“ bis zu „Geschlechtergerechtigkeit“. Die Gruppen finden sich je nach Interesse an einem der SDGs zusammen und planen auf dessen Basis ihr Projekt. Dazu nutzen die Jugendlichen als Inspiration Ziel- und Wunschvorstellungen von möglichen Verbesserungen in Bezug auf das gewählte SDG.

Begrüßt werden die in der Aula des Stromberg-Gymnasiums Versammelten an diesem Abend von Moderator Christian Große. Der bei den „Students for Future“ aktive Student aus Mainz ist für die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen ein bereits bekanntes Gesicht: Er moderierte die Kick-Off-Veranstaltung im Februar und wies sie in das Future-Skills-Projekt ein. In den vergangenen fünf Monaten arbeiteten die Schülerinnen und Schüler an ihren anfänglichen Impulsen und Konzepten weiter, entwarfen und verwarfen Projekte und Ideen.

Für Schulleiterin Katja Kranich ist das Projekt der erste Schritt in Richtung einer Schule der Zukunft. „Wir wollen andere Formen der Leistungsmessung finden, weg von diesen Pauk-Klassenarbeiten“, sagt sie bei der Eröffnung. Sie sieht die Projektergebnisse auch als einen Nachweis für die intrinsische Motivation der Schülerinnen und Schüler, die Motivation aus ihnen selbst heraus. Im Vordergrund steht für sie, dass die Jugendlichen aus dem Projekt möglichst viel für sich und ihre Entwicklung mitnehmen.

Nach der Begrüßung geht es für die Besucherinnen und Besucher auf Erkundungstour durch das ganze Schulhaus, in den verschiedenen Räumen sind die zahlreichen Projekte ausgestellt. Dem Publikum werden kleine Aufkleber in vier unterschiedlichen Farben ausgeteilt. Jede Farbe steht für eine andere Stärke, die während und durch die Projektarbeit entwickelt werden konnte: Kreativität, Erkenntnisförderung, Nachhaltigkeit und persönlicher Zuwachs für die Projekt-Mitglieder. Mit den Aufklebern bewerten die Besucherinnen und Besucher im Anschluss an den gallery walk die verschiedenen Projekte.

Nach der zur Verfügung stehenden Zeit zum Anschauen und Bewerten findet eine Siegerehrung statt. Die Projekte mit den meisten Aufklebern einer Farbe werden noch einmal nach vorne gebeten und geehrt.

Das nachhaltigste Projekt

Unter der Frage „Welche Inhaltsstoffe machen ein nachhaltiges Produkt aus?“ entwickelte eine der Gruppen am Beispiel von Kleidungsstücken für sich selbst ein Bild davon, was die Probleme der jetzigen Produktindustrie sind und was ein Produkt überhaupt nachhaltig macht. Ihr Ziel war es, anderen zu zeigen, wie man besser auf seinen Konsum achtet und nachhaltiger konsumiert, da das Wissen ihrer Ansicht nach zu wenig verbreitet ist. Dieses vermitteln sie auf ihrer selbstentwickelten Website, auf der zudem nachhaltige Pullover erworben werden können, für welche die Gruppenmitglieder selbst Modell standen.  

Das Projekt mit dem größten persönlichen Zuwachs für die Mitglieder

Eine weitere Gruppe beschäftigte sich eingehend mit der Zukunft der Städte und wie diese nachhaltiger werden können. Hierfür verglichen die Schülerinnen und Schüler alte und neue Wohngebiete und forschten nach, wie sich die Bauweisen über die Jahre verändert haben. Weiter beschäftigten sie sich mit der Frage nach nachhaltigeren Baustoffen und erstellten eine Website zu ihren Nachforschungen. Hierbei nahmen die Jugendlichen viel für sich mit, wie zum Beispiel ihre eigens für das Projekt erworbenen Kenntnisse im Bereich „architektonisches Zeichnen“.  

Das erkenntnisförderlichste Projekt

Diese Gruppe schuf mit ihrem Projekt eine Wissensquelle über die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen in Kenia. Sie erstellte einen Tiktok-Account, auf dem sie die User auf die Probleme der Jugendlichen in Kenia aufmerksam macht und auch Vorschläge unterbreitet, wie man helfen kann. Dabei wird auch deutlich, mit wie wenig Geld schon Leben gerettet werden können. Die Gruppe unterstützt mit ihrem Projekt die Hilfsorganisation „TS Care“ (Therapeutische Seelsorge), die den Kindern in Kenia Bildung, aber auch medizinische und therapeutische Hilfe ermöglicht.

Das kreativste Projekt

Eine Gruppe beschäftigte besonders der Meeresschutz. Sie befasste sich eingehend mit den Ursachen der Meeresverschmutzung, den Folgen für Tier und Mensch sowie mit anderen Projekten, die für den Meeresschutz einstehen. Zur Veranschaulichung bastelte sie ein Modell des Meeres in einem Aquarium, mit dem sie detailliert veranschaulicht, wie viel Unrat sich im Meer und in dessen unmittelbarer Umgebung befindet.

Für die Jugendlichen bedeutet Future-Skills jedoch so viel mehr als nur die Endergebnisse ihrer Projekte. Wie Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler zeigen, ist Future Skills für sie: „eine Erweiterung meines Horizonts und ein anderer Blick auf das Schulleben“, „eine Chance, den Schulalltag selbst zu gestalten“, „die persönliche Entwicklung entlang der Projektgestaltung“ und „zu lernen, Verantwortung zu übernehmen“.

Ob so in Zukunft die Schule aussehen könnte oder nicht, muss sich weisen. Aber definitiv klar ist, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Herzblut in die Projekte gesteckt und sehr beeindruckende Ergebnisse hervorgebracht haben. Jedes einzelne Projekt beinhaltet umfangreiches Wissen, aber auch persönliche Erfahrungen, welche die Jugendlichen gesammelt haben. Es ist auf jeden Fall ein erster Schritt in Richtung alternative Leistungsmessung und für die Jugendlichen ein weiterer Schritt in die Zukunft.

Bericht: Livia Kniep, 9b, Bilder: Er