„Das Schulhaus wurde beatmet“

Durchatmen, tief Luft holen – das wünscht sich wohl jeder noch viel bewusster als je zuvor: Nach drei Jahren pandemiebedingter Pause konnte endlich wieder ein Sommerkonzert im Stromberg-Gymnasium stattfinden, und das mit viel Gesang und einigen Blasinstrumenten. Da heißt es wirklich: tief Luft holen. Trotz pandemiebedingter Hürden, die es in der Vorbereitung und Durchführung des Konzertes durch den Ausfall vieler Proben und Musiker zu tragen galt, wurde das Schulhaus am vergangenen Freitagabend wieder „beatmet“, wie Schulleiterin Katja Kranich resümierte, und das in vielfältigster Form.

Einen fantastischen Auftakt legte gleich zu Beginn das Fantastikinder-Projekt der Klassen 5-7 unter der Leitung von Carmen Förnzler hin. Die jungen Chorsängerinnen und Chorsänger präsentierten zunächst zwei Liedbeiträge aus ihrem aktuellen Aufnahmeprojekt, das in diesen Tagen in der Vaihinger Stadthalle stattfindet. Beim anschließenden Klassiker der Fantastikinder, “Copains du monde (Freunde weltweit)“, der zugleich das Motto des diesjährigen Sommerkonzerts darstellte, war auch das Publikum zum Mitsingen eingeladen.

Die ruhige und besinnliche Atmosphäre des Abends, welche trotz Regens eine sommerliche Stimmung verbreitete, spiegelte sich in der Stückauswahl des Orchesters wider: Dieses entführte das Publikum unter der Leitung von Barbara Hartmann zusammen mit den hellen Stimmen der Fantastikinder in nordische Gefilde, zunächst nach Irland: „Sally Gardens“ erzählt mit klarer und einprägsamer Melodie von der verspäteten Einsicht, sich in der Liebe seinem Gefühl zu überlassen. Konterkariert wurde die ruhige Stimmung durch das tänzerische „Irish Washerwoman“. Danach ging es nach Norwegen, in die märchenhafte Welt von Ibsens weltbekanntem Drama „Peer Gynt“, welches Edvard Grieg zu seiner gleichnamigen Vertonung inspirierte. Mit zarten Klängen zeichnete das Orchester Landschaftseindrücke der „Morgenstimmung“ ebenso klanglich nach wie die des verschrobenen Bergkönigs, bis am Ende der Taugenichts Peer Gynt wehmütig in die Heimat zurückkehrt, wo er von der treuen Solveig erwartet wird. Der dritte Schülersprecher des Stromberg-Gymnasiums Batuhan Öztürk (7a) führte das Publikum souverän, mit kurzen Wortbeiträgen, durch die Handlung.

Auf den letzten Metern ihrer Schulzeit ließ es sich Hannah Hirzel (J2) nicht nehmen, zwei Stücke auf ihrer Harfe solistisch zu präsentieren. Sie beeindruckte mit dem wunderbaren Song “Can you feel the love tonight“ von Elton John und Tim Rice – bekannt aus dem Musical “Der König der Löwen” – und als klassisches Stück die “Sonata IV” des böhmischen Komponisten Jan Ladislav Dusík.

Unter der Leitung von Elvira Lessle füllte anschließend der “Chor conTakt“, ein Kooperationschor des Stromberg-Gymnasiums und der Jugendmusikschule Vaihingen, das offene Schulhaus mit weiteren vokalen Klängen. Bereits bei seiner ersten Darbietung konnte das Ensemble mit nur drei Worten das Publikum begeistern und sorgte mit “Viva la musica“, mehrstimmig dargeboten, für beste Stimmung im Saal. In der Folge zogen die Jugendlichen die Zuhörenden mit dem Jazz-Standard „What a wonderful world“ in ihren Bann und entführten das Publikum mit dem schottischen „Over the Sea to Skye“, ebenfalls gefühlvoll vorgetragen und sauber intoniert, in die Weiten des Meeres. Der folgende Hilferuf „Where are those happy days“, mit dem der Song “S.O.S.“ von ABBA anschließend begann, ließ sich durchaus auch globaler verstehen, in jedem Fall war er zum Mitfühlen überzeugend gesungen. Mitsingen und mitatmen durfte dann jeder bei dem Lied “Sunny“ von Bobby Hebb, bevor die Bühne ganz dem schwungvollen Auftritt der Big Band gehörte.

Es fiel sofort auf, dass die Bühne der BigBand nicht angeordnet war wie gewohnt. Das Schlagzeug stand nicht wie für gewöhnlich hinter den anderen Instrumenten, sondern an der Seite der Bühne. Was das zu bedeuten hatte, wurde augenblicklich erklärt. Jonas Dohn (J1), der Schlagzeuger der BigBand, erläuterte, dass eigentlich deren langjähriger Leiter, Thorsten Hohensee, nun auf der Bühne stehen müsste. „Aber was ist nach zweieinhalb Jahren Coronapandemie schon noch normal?“, stellte der angehende Abiturient als offene Frage in den Raum. Jonas Dohn übernahm, für diesen Abend und für die Generalprobe zuvor, die Leitung der BigBand. Als wäre es selbstverständlich, berichtete er davon, wie die Band gemeinsam zusätzlich noch das Programm für den Abend ergänzt hätte. Ihre vier Lieder, „Counting Stars“, „September“, „Hit the Road Jack“ und „Enter Sandman“ spielte die sommerlich gekleidete und mit bunten Blumenketten geschmückte BigBand mit Bravour, ebenso wie ihre Zugabe: „Call Me Maybe“. Daran ist abermals zu sehen, wie eigenverantwortlich Schülerinnen und Schüler handeln können, wenn ihnen der nötige Freiraum gelassen wird. Denn eines ist klar: Ein Auftritt einer Band ohne ihren Dirigenten ist sicherlich nicht die einfachste aller Herausforderungen.

Das erkannte auch Barbara Hartmann an, welche sich bei der „fantastischen BigBand“ ebenso bedankte wie bei allen Akteuren des Abends, die unter den schwierigen Umständen der vorhergehenden Monate sich nicht hatten entmutigen lassen, in ihren Musik-AGs  die „andere“ Seite des schulischen Lebens aufleben zu lassen – daran nahm das Publikum dankbar teil.  Die drei Abiturienten, die an diesem Abend aus ihren AGs verabschiedet wurden (David Striegel, Hannah Hirzel und Mareike Reinsch) zeugen durch ihre kontinuierliche Teilhabe über fünf Jahre hinweg von dem wichtigen Stellenwert, den die Musik in diesem Bereich in den Biographien der jungen Menschen einnehmen kann.Schulleiterin Katja Kranich bedankte sich bei den beiden Musiklehrerinnen und Organisatorinnen des Abends. Alle Beteiligten und sicherlich auch die Zuhörer hoffen darauf, dass bis zum nächsten Sommerkonzert nicht wieder drei Jahre vergehen. Bis dahin können die Klänge des Abends noch eine Weile nachklingen. Wir sind geübt darin, einen langen Atem zu haben.

Bericht: Jon Buchmüller, Ht, Fö

Fotos: Er