Vormittags statt im Unterricht Popcorn essend im Kino zu sitzen – das war zwei Jahre lang pandemiebedingt nicht möglich. Nun aber ist wieder Cinéfête-Zeit, und die beiden zehnten Klassen des Stromberg-Gymnasiums machten sich gerne mit ihren beiden Französischlehrkräften Carmen Förnzler und Michael Hofer auf den Weg nach Ludwigsburg zum bekannten französischen Jugendfilmfestival.
Der von den Klassen ausgewählte Film „Yao“ (2018) schildert die Erlebnisse eines zwölfjährigen Jungen und seines Vorbilds, eines französischen Schauspielers mit senegalesischen Wurzeln, auf einer außergewöhnlichen Reise durch den Senegal. Während seines Roadtrips lernt das ungleiche Duo viel übereinander, aber auch über das Leben selbst. Da ist einerseits der schüchterne und doch zielstrebige Yao, der gerne liest und von seinem erfolgreichen Idol unbedingt eine persönliche Widmung in sein zerfleddertes, aber wohlbehütetes Buchexemplar bekommen möchte. Neugierig und unbedarft stellt er dem Erwachsenen Fragen zu dessen Leben und biografischem Hintergrund und erhofft sich dabei praktische Tipps für seine eigenen Entscheidungen und Zukunftspläne. Dabei trifft er jedoch auch manchen wunden Punkt in der bisherigen Lebenseinstellung seines großen Vorbilds Seydou Tall, lebensnah dargestellt von Filmgröße Omar Sy, als Schauspieler mit ebenfalls senegalesischen Wurzeln vielen bekannt aus dem Film „Ziemlich beste Freunde“ (2011). Durch die Perspektive seines jungen Fans erfährt der erfolgsverwöhnte Schauspieler im Film so einiges über die Kultur, die Menschen und die Sitten in seinem Herkunftsland, zu dem er wohl bislang aus einer Mischung zwischen Ablehnung und Nachlässigkeit heraus keinen wirklichen Bezug aufgebaut hatte. Darüber hinaus hält der Zwölfjährige seinem erwachsenen Gegenüber auch hinsichtlich dessen Rollenverständnis als Vater durch manch kleine Geste einen Spiegel vor. So macht er durch seine Reaktion beispielsweise deutlich, dass für eine gelingende Vater-Sohn-Beziehung möglicherweise eher gemeinsam verbrachte Zeit als ein extra für den Kindergeburtstag engagierter Clown wichtig ist.
Als einen bildreichen Film voll bewusst gesetzter, kleiner Akzente erlebten auch die Vaihinger Jugendlichen den rund eineinhalbstündigen Film, der ihnen einen authentischen Eindruck von der Landschaft, der Kultur und den Menschen im Senegal lieferte. Ob karge Wüste mit uralten einzelnen Baumriesen oder weites Meer, übergroße Gastfreundschaft und das starke Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Familie oder auch der extreme Gegensatz zwischen dem einfachen ländlichen Leben oder dem in einer Metropole wie Dakar – viel Landeskundliches über das westafrikanische Land, das als ehemalige französische Kolonie auch sprachlich noch erkennbare Einflüsse des Französischen zeigt, konnten die Schülerinnen und Schüler mitnehmen.
Besonders beschäftigten sie zudem die im Film zumindest angerissenen zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Fragen nach Herkunft und Heimat. „Es ist gut, zu seinen Wurzeln zurückzufinden“, „interessant, neue Kulturen kennenzulernen“, „etwas zu wagen für seine Träume“, so einige Schülerstatements im Anschluss an den Kinobesuch auf die Frage, was ihnen am deutlichsten in Erinnerung bleiben wird.
Und genau diese Fragestellungen zu Herkunft und Zukunftsgestaltung, die durch das offene Ende im Film nicht abschließend gelöst wurden, sind nun Gegenstand im fremdsprachlichen Unterricht im Anschluss an den Kinobesuch und wirken gleichzeitig im eigenen Leben der jungen Leute nach – ein impulsreicher Vormittag also mit weitaus mehr als nur Popcorn.
Bericht und Foto: Fö