Vom 4.04.-9.04. fand am Stromberg-Gymnasium das Kreativprojekt „Save our dreams“ statt, bei welchem Jugendliche der weiterführenden Schulen aus Vaihingen/Enz eine Woche lang ihre Wünsche und Hoffnungen mit Blick auf das Thema Zukunft auf künstlerischem Wege zum Ausdruck brachten.
Grundsätzlich haben wir eine politisch wache und aktive Jugend, die sich ihrer wichtigen gestalterischen Rolle für die Zukunft des Landes bewusst ist – so der Befund der Studie „Jugend in Deutschland“, die 14- bis 29-Jährige Ende Oktober zum Thema Zukunft befragt hat. Allerdings hat die Corona-Krise bei vielen Jugendlichen einen Einschnitt in ihrem Leben hinterlassen und ihnen vor allem die Plattform für ihren Tatendrang genommen. Infolgedessen weist der Initiator der Studie, Simon Schnetzer, in einem Interview mit Deutschlandfunk Kultur auf Folgendes hin: Was junge Menschen von Anfang an in der Pandemie vermissen würden, sei, dass man ihnen zuhöre. Den Jugendlichen wieder zuhören und ihnen diesen so dringend benötigten Raum zur Äußerung ihrer Wünsche, Hoffnungen, aber auch Ängste mit Blick auf ihre Zukunft zu bieten – das war das zentrale Anliegen des einwöchigen Kreativprojekts „Save our dreams“. Unter der Leitung professioneller Musiker des Vereins Trimum aus Stuttgart und der Mitwirkung Studierender aus den Bereichen Lehramt und Medienpädagogik der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg wurde Schülerinnen und Schülern der weiterführenden Schulen in Vaihingen/Enz wieder eine Bühne zur kreativen Gestaltung ihrer Zukunft gegeben, indem sie ihre in der Woche erarbeiteten Ergebnisse am Samstag zum Auftritt bringen konnten. Das war auch der Grund, warum der Siebtklässler und zugleich dritte Schülersprecher des Stromberg-Gymnasiums Batuhan Öztürk die Chance zur Teilnahme ergriff: „Ich habe mir vorher schon viele Gedanken zum Thema Zukunft gemacht, das Projekt hat mir nun die Gelegenheit gegeben, aus meinen Gedanken etwas zu formen.“
Zu Beginn der Woche war jedoch keinesfalls klar, welche Gestalt die verschiedenen Vorstellungen der Jugendlichen bei der Aufführung annehmen würden. Der konkreten Transformation von Ideen in Musik- und Theaterstücke ging der ergebnisoffene Austausch über das voraus, was die Jugend heutzutage mit Blick auf ihre Zukunft bewegt. Dabei kristallisierten sich fünf große Themen heraus: Dass Umwelt und Klima auftauchte, überrascht angesichts des hohen Engagements junger Leute in diesem Bereich wohl niemanden. Besonders beschäftigte die Schülerinnen und Schüler auch die Frage, nach welchen Wertmaßstäben wir als Menschen zusammenleben sollten, was die damit zusammenhängenden Themen Antirassismus und Gender hervorbrachte. Angesichts des Krieges in der Ukraine wurde auch der Frieden zum Gegenstand der Projektwoche gemacht. Nadina Menzel, Studierende der PH Ludwigsburg, bemerkte zum Prozess der Themenfindung: „Es ist unglaublich spannend, mitzuerleben, wie die junge Generation sich die Zukunft vorstellt.“
Begleitet wurde der Diskurs über diese Themen von theaterpädagogischen Spielen, die nicht nur die Gruppe über die Woche hinweg zusammenschweißte, sondern den Jugendlichen auch konkrete künstlerische Werkzeuge zur Gestaltung ihrer Ideen mit an die Hand gaben. Daneben wurde oftmals gemeinsam musiziert: So übte Alon Wallach, Teil der Trimum-Gruppe, beispielsweise das hebräische Lied „Kol ha’olam“- übersetzt: Die ganze Welt ist eine schmale Brücke; das Wichtigste ist, sich nicht zu fürchten – mit den Teilnehmenden ein. Und dass die Jugendlichen keine Angst haben, ihre Zukunft anzupacken, sondern dass in ihnen ganz viel Kraft und Energie steckt, bewiesen sie in der Kleingruppenarbeit zu den gemeinsam festgelegten Großthemen, die sie sich interessegeleitet aussuchten. Dort wurden nach dem intensiven und teilweise auch sehr persönlichen Austausch über eigene Erfahrungen zum Thema ab dem zweiten Tag Ideen entwickelt, wie man all das künstlerisch umsetzen könne. Hierbei gingen die Teilnehmenden mit einem ungebremsten Tatendrang ans Werk, indem sie sich gegenseitig in ihren Ideen bestärkten und diese gemeinsam weiter sponnen: Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit wurden Liedtexte geschrieben, Melodien komponiert, Choreographien eingeübt, aus Ideen für Szenen kleine Theaterstücke entwickelt, Dialoge geschrieben und Charaktere ausgebaut – und natürlich ganz viel geprobt. Bei diesem Prozess profitierte die Gruppe in besonderem Maße von ihrer Heterogenität und den dadurch ganz unterschiedlich gelagerten Begabungen: Ob mit einem instrumentalen Beitrag, einem eigenen Text, dem Entwurf des Bühnenbilds, einer Rolle als Schauspieler, einer Gesangseinlage oder der Gestaltung der Kostüme – jeder konnte sich hier seinen individuellen Talenten entsprechend einbringen. So fiel es der Leitungsgruppe von Trimum am Ende nicht schwer, aus den einzelnen Ergebnissen der Gruppen eine bühnenreife Gesamtkomposition zu puzzeln, die dann am Freitag und Samstagmittag geprobt wurde. Bernhard König, Gründer von Trimum, betonte, dass es beeindruckend sei, mitzuverfolgen, wie aus einer Gruppe heraus immer wieder tolle und kreative Ideen entstünden.
Und genau diesen Ideenreichtum durften die Besucherinnen und Besucher erleben, die sich am Samstag gespannt in der Aula des Stromberg-Gymnasiums zur Aufführung versammelten, bei der ihnen ein Querschnitt durch die Zukunftsvorstellungen und -wünsche der Jugendlichen geboten wurde. In verschiedenen Szenen wurde die Ignoranz der Menschen im Umgang mit dem doch eigentlich für alle offensichtlichen Klimawandel angemahnt, indem einer Gruppe von Eisbären als Opfer dieser Entwicklung eine Stimme verliehen wurde. Die Gruppe mit dem Thema Antirassismus präsentierte dem Publikum ein Lied, welches verschiedensprachige Strophen kombinierte und damit auf musikalischem Wege vorführte, dass auch sehr Unterschiedliches auf harmonische Weise zusammenwirken und trotz seiner Verschiedenartigkeit zu einer Einheit werden kann. Dahingegen stellte die Friedensgruppe sehr traurigen Strophen über den Krieg einen kraftvollen und heiter klingenden Refrain entgegen, der der Hoffnung auf ein friedliches Miteinander Ausdruck verlieh. Viele Lacher des Publikums erntete die Gendergruppe, die in einem kurzen Zeitreisesketch eine sehr konservativ denkende Figur aus der Vergangenheit über homosexuelle Beziehungen aufklärte, die sich – darüber erst entsetzt – dann aber schließlich von überkommenden Wertmaßstäben lösen konnte und erkannte, dass es in der Hauptsache darum gehe, glücklich zu sein. Neben den Beiträgen der Gruppen war es aber auch einzelnen Schülerinnen und Schülern möglich, ihre Herzensthemen einzubringen. So war es Batuhan im Rahmen des Themas Zusammenleben besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass Schule für alle Lernenden zu einer Heimat werden müsse, da Schülerinnen und Schüler enorm viel Zeit dort verbrächten; der Fünftklässler Jan hingegen kritisierte, dass zwischen Geflüchteten aus verschiedenen Ländern Unterschiede gemacht würden. Deutlich sprach er den Wunsch aus, dass in Deutschland alle Menschen gleich behandelt werden sollten. Zum Abschluss der Aufführung betraten alle Künstlerinnen und Künstler die Bühne und forderten die Zuschauenden durch die gemeinsame Performance eines Liedes zum Motto des Projekts auf: Save our dreams!
Innerhalb der Projektwoche lebten die Jugendlichen damit im Kleinen vor, was sie sich von der gesamten Gesellschaft wünschen: Dass ganz unterschiedliche Menschen unabhängig von Alter und Herkunft zueinanderfinden, sich verständigen und gemeinsam auch schon in kurzer Zeit etwas anpacken. Dass jeder trotzdem seine Individualität bewahren und etwas mit seinen Fähigkeiten zum Erfolg eines Projekts beitragen und dass daraus etwas Großartiges entstehen kann. Die Projektwoche beweist in jedem Fall: Der jungen Generation Zuhören lohnt sich.
Bericht: Jk