Was der Jugend auf der Seele brennt

Schüler des Stromberg-Gymnasiums drehen Filme für Bundeswettbewerb Fremdsprachen – große Themenvielfalt

So ganz klar ist der 13-jährigen Maeve nicht, was sie in einer psychiatrischen Klinik soll. Gut, sie isst manchmal zu wenig, sieht darin aber kein Problem. Ihre Eltern wollen sie nur abschieben, argwöhnt sie. In der Klinik trifft sie auf Alex, der an Schizophrenie leidet und schon etwas länger in der Klinik behandelt wird – genau wie Jenny und Katelyn. Jenny ist wegen einer Identitätskrise dort, Katelyn versucht, unter ärztlicher Anleitung ihren wahnhaften Wunsch nach einem perfekten Körper in den Griff zu bekommen, der durch soziale Medien ausgelöst wurde. Gibt es zu Beginn der Handlung noch Konflikte unter den Jugendlichen, so wachsen sie im weiteren Verlauf zusammen und befinden sich schließlich auf dem Weg der Besserung. Der Film „The Problems of the Youth“ endet also optimistisch – und mit einem klaren Plädoyer dafür, bei Bedarf therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Was abendfüllend klingt, mussten Andreea Brumar, Manuela Schmidlin Kitzig, Laura Trokter und Marla Werr aus der Klassenstufe 8 des Stromberg-Gymnasiums in einem zehnminütigen Kurzfilm unterbringen. Das gehört zu den Vorgaben des Bundeswettbewerbs Fremdsprachen, bei dem sie mit ihrer Produktion gerne einen Preis gewinnen möchten. Er wird alljährlich von der gemeinnützigen GmbH Bildung und Begabung ausgeschrieben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Kultusministerkonferenz gefördert. Die Aufgabe besteht darin, einen selbst erstellten Film oder ein Hörspiel von maximal zehn Minuten Länge in einer oder mehreren Fremdsprachen einzusenden. Thematisch sind keine Grenzen gesetzt. In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis habe das Thema „Mentale Gesundheit“ eine immer größere Rolle gespielt, berichten die vier Jugendlichen, was durch die Pandemie noch verstärkt worden sei. Deshalb hätten sie es auch zum Thema ihres Films gemacht. 

Auch für die zweite der insgesamt vier teilnehmenden Gruppen war bei der Themenwahl die Frage entscheidend: Was beschäftigt Jugendliche heute? Die Achtklässlerinnen Leni Bollmoor, Ann-Sophie Fabritius, Joleen Jordan, Emily Kotzmann, Julia Süß und Juliane Wöhr entschieden sich schließlich für das Thema „Mobbing“. Wie es sich anfühlt, ausgegrenzt und drangsaliert zu werden, erlebt Alyssa in dem Film „The New Kid“. Sie kommt in eine neue Klasse und wird dort wegen ihrer sexuellen Orientierung zunächst abgelehnt. Rädelsführerin bei den Attacken gegen sie ist Vanessa, die selbst unter mangelndem Selbstwertgefühl zu leiden scheint. Mitschülerin Layla kommt schließlich zur Besinnung und versucht, ihre Freundinnen davon zu überzeugen, die neue Mitschülerin nicht länger zu schikanieren. Der Film endet mit zwei unterschiedlichen Möglichkeiten, wie der Konflikt befriedet werden könnte. Der Zuschauer kann das für ihn passende Ende selbst wählen. „Wir haben uns bewusst gegen ein einfaches Happy End entschieden, weil wir das Publikum zum Nachdenken anregen möchten“, erklärt Joleen das postmoderne Element am Schluss der Produktion. 

Die dritte Gruppe aus Klassenstufe 8 ließ sich zunächst von einem Alltagsgegenstand inspirieren. Die Idee für ihren Film „Written Wishes“ kam Maria Artinger, Jovin Besserer, Alisa Cords, Sarah-Marie Röder und Sophia Zeeb beim Betrachten eines Stiftes. Was wäre, wenn das Schreibwerkzeug die Wünsche erfüllen würde, die man mit ihm notiert? Dann könnte man – mit einem Federstreich – langweilige Unterrichtsstunden vorzeitig enden lassen, sich in schwierigen Fächern gute Noten sichern und sich sogar neue Freunde bestellen, wenn man sich mit den bisherigen gestritten hat. Entstanden ist ein unterhaltsamer und lehrreicher Film rund um die Französischlehrerin Sara Lance. Sie erzählt ihrer Klasse in der Rahmenhandlung die Geschichte des geheimnisvollen Stifts, die in der Binnenhandlung szenisch umgesetzt wird. Mit dieser Geschichte aus ihrer eigenen Jugend führt sie ihren Schützlingen den Wert wahrer Freundschaft vor Augen und gibt ihnen als Botschaft mit auf den Weg: „Du kannst erreichen, was du willst, wenn du nur an dich selbst glaubst!“

Auch insgesamt neun Schülerinnen und ein Schüler aus der Klasse 10b haben einen Beitrag eingereicht: „No Pride, Just Prejudices“ bindet stimmig alle drei am Stromberg-Gymnasium unterrichteten Fremdsprachen ein: Englisch, Französisch und Spanisch. Die Jugendlichen verließen bei ihrer Themenwahl bewusst den schulischen Kontext, um einmal in die Rollen von Erwachsenen schlüpfen zu können. Ihr Film handelt von drei Polizeibeamtinnen, die einen Bankraub in Houston, Texas aufzuklären haben und sich bei den Verhören stark von ihren Vorurteilen gegenüber Verdächtigen mit Migrationshintergrund und von Clichés leiten lassen. Schließlich müssen sie feststellen, dass die Tat von jemand ganz anderem verübt wurde als von ihnen angenommen. Nora Bartz, Amélie Betz, Louisa Fabritius, Clara Hellwig, Mirella Komm, Josua Maier, Lena Mühlfelder, Jana Rogalla, Malina Sieber und Sarah Steger möchten mit ihrem Film dazu anregen, stereotype Denkweisen und Handlungsmuster bei interkulturellen Begegnungen im Alltag zu überprüfen. 

Während die Schülergruppe aus der Klassenstufe 10 ihren Film größtenteils als binnendifferenzierendes Element innerhalb des Regelunterrichts erarbeitet hat, entstanden die Filme aus der Klassenstufe 8 im Rahmen des schulischen Differenzierungsangebots. Hier erhalten Schülerinnen und Schüler Raum, in selbstgewählten Projekten und ohne Notendruck ihre Stärken zu vertiefen. Viel Unterstützung durch die betreuenden Lehrkräfte Anja Fink, Carmen Förnzler, Lena Usländer und Christoph Schüly brauchten die jungen Filmemacher nicht. Einige von ihnen brachten Schauspielerfahrung aus früheren Theaterprojekten mit, andere hatten bereits im privaten Rahmen Kurzfilme erstellt. Alle einte die Lust am eigenverantwortlichen, kreativen Arbeiten mit Freunden und dem praktischen Umgang mit der Fremdsprache.  

Nun müssen sich alle Beteiligten in Geduld üben: Die Landespreisverleihungen sind für April bis Juni 2022 geplant. Die Landessieger stellen ihre Filme anschließend auf dem Sprachenfest vor, das voraussichtlich vom 23. bis 25. Juni in Potsdam stattfindet. Schön wäre es schon, wenn die gemeinsame Arbeit durch einen Preis auf Landes- oder sogar auf Bundesebene gekrönt würde, sind sich die Schülerinnen und Schüler einig. Wenn man jetzt nur den Zauberstift aus dem Film „Written Wishes“ zur Hand hätte… Aber nein: Viel schöner ist es doch, einen Preis ganz ohne Magie, sondern vielmehr aus eigener Kraft und durch eigene Leistung zu ergattern. Für die betreuenden Lehrkräfte steht fest: Verdient hätten sie es alle.

Bericht: Sy, Fotos: Mirella Komm/Us