Wenn im Kopf ein Drehbuch entsteht

Oberstufenschüler dreht Film über Stromberg-Gymnasium

Ein Smartphone klingelt seinen Besitzer unbarmherzig wach: 6 Uhr! Hastig wird nach Kleidung gegriffen, Schulbuch und Heft werden in den Rucksack gestopft, Cornflakes in eine Schale geschüttet. Die Zahnbürste fällt in den Becher zurück, die Haustür ins Schloss. Die schnelle Schnittfolge und die musikalische Untermalung unterstreichen die morgendliche Hektik. Der Bus biegt in den Nebenweg ein, das Stromberg-Gymnasium erscheint im Morgengrauen. Die Kamera zeigt das muntere Treiben vor der ersten Stunde auf dem Schulhof.

So weit die ersten Sekunden des halbstündigen Films „Das sind WIR! Einblicke ins Stromberg-Gymnasium“, abrufbar auf der Homepage der Schule. Schon diese ersten Sequenzen lassen nur einen Schluss zu: Da muss ein Profi am Werk gewesen sein. Jemand mit jahrzehntelanger Berufserfahrung in der Medienbranche. Indes: Der junge Mann, der hinter der Produktion steckt, heißt Jonas Dohn, ist 16 Jahre alt, besucht die Jahrgangsstufe 1 des Stromberg-Gymnasiums – und hat erst vor Kurzem mit dem Filmemachen angefangen.

So richtig begonnen hat alles im vergangenen Jahr. Im Rahmen des Future-Skills-Projekts beschäftigten sich die damaligen Neunt- und Zehntklässler drei Monate lang mit Themen, die ihnen mit Blick auf ihre Zukunft unter den Nägeln brannten, und erstellten Produkte dazu. Jonas Dohn drehte mit einigen Mitschülern einen Film über die Licht- und Schattenseiten sozialer Netzwerke wie Instagram. Dazu arbeitete er sich, mithilfe von YouTube-Tutorials, in ein Schnittprogramm ein.

Das ansprechende und professionelle Ergebnis blieb auch Schulleiterin Katja Kranich in Erinnerung. Kurz vor Weihnachten fragte sie den angehenden Abiturienten, ob er sich vorstellen könne, einen Film über das Schulleben am Stromberg-Gymnasium zu drehen. Da dieses Schuljahr erneut kein Tag der offenen Tür für die kommenden Fünftklässler stattfinden könne, wäre es doch schön, sie und ihre Eltern könnten sich mittels bewegter Bilder einen Eindruck von der Schule verschaffen. 

Jonas überlegte nicht lange. „In meinem Kopf hat sich sofort ein Drehbuch zusammengesetzt“, berichtet er. Während der gesamten Arbeit am Film habe er stets eine Vorstellung davon gehabt, wie das Ergebnis aussehen solle. Von Anfang an sei ihm etwa klar gewesen: „Wir brauchen ein gutes Intro, das Aufmerksamkeit weckt.“ So sei die Idee entstanden, die Anfangssequenzen wie einen Schultag aufzubauen – vom Weckerklingeln bis zu dem Moment, in dem das Stromberg-Gymnasium wieder in abendliche Dunkelheit getaucht wird.

Der Film bietet Einblicke in den Unterricht am Stromberg-Gymnasium, beispielsweise in den Profilfächern Naturwissenschaft und Technik (NwT) sowie Spanisch, aber auch in die Differenzierungsangebote, in denen Schülerinnen und Schüler interessengeleitet ihre Stärken ausbauen können. Vorgestellt werden das bilinguale Profil, die MINT-AG, der Chor, das Orchester und die Big-Band. Schülerinnen und Schüler berichten von ihrem Engagement in der Schülermitverantwortung (SMV), als Fünfer-Paten, Streitschlichter oder in der „Lernbegleitung im Stromberg-Gymnasium“ (LiSa). Souverän moderiert wird der Film von Schülersprecher Jon Buchmüller, der Jonas auch bei der Koordination der Interviewtermine unterstützte.

Allein das Filmen der Eindrücke und Interviews nahm viele Stunden Zeit in Anspruch. Das hat seinen Schulalltag in den Wochen nach Weihnachten gewaltig auf den Kopf gestellt, erklärt Jonas: „Meist war ich vormittags abwechselnd ein paar Stunden im Unterricht und habe gedreht. Dann kam ich nach Hause und habe bis in die Nacht hinein geschnitten.“ Auch an den Wochenenden war er fast durchgehend mit der Arbeit am Film beschäftigt und legte so manche Nachtschicht ein. Motiviert habe ihn dabei das Betrachten bereits fertiger Szenen: „Ich habe immer Erfolge gesehen.“ Die Arbeit mit dem Schnittprogramm sei ihm immer schneller und effektiver von der Hand gegangen. Jedes neue Interview habe ihm gezeigt, wie sich das nächste noch besser filmisch umsetzen ließe. 

Insgesamt kam bei den Dreharbeiten mehr Material zusammen, als für den halbstündigen Film tatsächlich verwendet werden konnte. Gerade die Lehrkräfte hätten bei den Interviews häufig weit ausgeholt, verrät Jonas schmunzelnd. So wartete auf ihn auch viel redaktionelle Arbeit: Es galt, den Zuschauern durch eine geschickte Auswahl der prägnantesten Aussagen einen präzisen, aber eben auch nicht zu umfangreichen Eindruck von den schulischen Angeboten zu verschaffen. Waren die passenden Sequenzen zusammengestellt, musste noch eine geeignete musikalische Untermalung gefunden werden. Bei der Auswahl kam Jonas seine eigene Erfahrung als Musiker zugute: Seit acht Jahren spielt er Schlagzeug, derzeit wirkt er in zwei Orchestern des Musikvereins Vaihingen/Enz mit. 

Nun, da der Film fertig ist, steht für Jonas wieder die Vorbereitung aufs Abitur im Mittelpunkt seines Schulalltags. Möchte er danach sein Hobby zum Beruf machen? Vielleicht. Beim Studieninformationstag im Herbst hat er an der Hochschule der Medien in Stuttgart bereits in das Studienfach „Audiovisuelle Medien“ hineingschnuppert und es für interessant befunden.

Damit er bis zu einem möglichen Studienbeginn nicht aus der Übung kommt, ist er mit Schulleiterin Katja Kranich bereits im Gespräch über mögliche weitere Projekte. Bei der Filmpremiere vor einigen Tagen in der Aula zeigte sie sich, wie die gesamte Schulgemeinschaft, zutiefst beeindruckt von der Leistung des Schülers. Kranich sieht sich in ihrer pädagogischen Überzeugung bestätigt: „Einmal mehr ist zu sehen, was entstehen kann, wenn man Schülerinnen und Schülern den Freiraum gibt, in Eigenregie ihre Stärken weiterzuentwickeln.“

Wer Jonas selbst in seinem Film entdecken will, muss übrigens sehr genau hinsehen. Zwar ist er in mehreren Voice-over-Passagen als Sprecher zu hören. Seiner ansichtig wird der Zuschauer aber erst am Ende des Films, als er in einer Art Cameo-Auftritt mit seiner Kamera auf den Eingang der Schule zugeht. Die Szene dauert nur einen Moment, dann ist die Kamera erneut auf das Stromberg-Gymnasium gerichtet – und der junge Filmemacher tritt wieder in aller Bescheidenheit hinter die Botschaft seines Werkes zurück: „Das sind WIR!“

Bericht und Foto: Sy