(Sy) Landauf, landab bleiben die Zuschauertribünen der Stadien derzeit leer. Zumindest in Gedanken werden viele Schülerinnen und Schüler der achten und neunten Klassen des Stromberg-Gymnasiums in den kommenden Wochen aber so manchen Ausflug in ein Stadion machen – im Rahmen ihres Unterrichts in „Naturwissenschaft und Technik“ (NwT). Auch in diesem Schuljahr nehmen diejenigen, die NwT als Profilfach gewählt haben, am Wettbewerb Junior.ING der Ingenieurkammer Baden-Württemberg teil. Ihre Aufgabe ist es, das Dach der Zuschauertribüne für ein Fußballstadion zu entwerfen und ein Modell davon anzufertigen: ein „Stadiondach – durchDACHt konstruiert“, wie es das Motto des Wettbewerbs auf den Punkt bringt. Erschwerend – im wahrsten Sinne des Wortes – kommt eine Last von 250 Gramm hinzu, die das Dach aushalten können muss. Arbeitsschritte und Ergebnisse müssen in einer Dokumentation festgehalten werden.
Der Startschuss fiel für die Schüler des Stromberg-Gymnasiums in der vergangenen Woche mit Expertenvorträgen von Norbert Schröter, leitender Architekt der Bau- und Gebäudestrategie der Kreissparkasse Ludwigsburg, und Dr. Alexander Hub, geschäftsführender Gesellschafter der Alfred Rein Ingenieure GmbH in Stuttgart. Anders als üblich waren die beiden Fachmänner nicht vor Ort an der Schule zu Gast, sondern per Videokonferenz mit den Schülern verbunden.
Norbert Schröter erläuterte zunächst die Aufgabe, die zulässigen Materialien sowie die Kriterien, welche die Jury bei der Bewertung der Schülerarbeiten zugrunde legen wird – allen voran das Bestehen des Belastungstests. Um diese Hürde zu nehmen, könne auch der Bau einer Tribüne hilfreich sein. Obwohl sie kein verpflichtender Teil des Modells sei, könne eine Tribüne das Dach durch eine Verbindung stabilisieren – die aber wiederum die Sicht nicht beeinträchtigen dürfe. Wie eine solche Konstruktion aussehen kann, zeigte Schröter am Beispiel des Stade de la Licorne im französischen Amiens.
Insgesamt stellte er mit Blick darauf, dass die Orientierung an Vorlagen ausdrücklich erlaubt ist, eine Vielzahl an unterschiedlichen Bauwerken aus aller Welt als mögliche Inspirationsquellen vor – vom im antiken Rom erbauten Kolosseum über die Olympiastadien in Athen, Seoul, Montreal, Melbourne und Peking bis hin zur Allianz Arena in München.
Alexander Hub empfahl den Schülern in seinem Vortrag eine „klare Konstruktion und ein anspruchsvolles Design“. Sei zudem „eine saubere handwerkliche Umsetzung“ gewährleistet, werde das Projekt bestimmt nicht am Belastungstest scheitern. Der promovierte Ingenieur verwies auf einen Turm aus Makkaroni, den er einst selbst gebaut habe und der stolze fünf Kilogramm aushalte: „So leicht, dass Ihr Dach keine 250 Gramm tragen kann, werden Sie gar nicht konstruieren können“, versicherte Hub. Auch er gab den Schülern mit auf den Weg, beim Bau die Tribüne mitzudenken, da diese „die Architektur des gesamten Stadions“ beeinflusse. Für ihn sei es eine „konstruktiv reizvolle Geschichte, das Dachtragewerk aus der Tribüne heraus zu entwickeln“.
Wie sein Vorredner hatte er ein Füllhorn an imposanten Bauten parat, die zum Teil seinem eigenen Schaffen entstammten. Anhand einiger Beispiele zeigte er, wie Tragwerkskonstruktionen mit „einfachsten Materialien“, z.B. Papier in Verbindung mit Holz, erstellt werden können. Er riet dazu, nicht zu viele Materialien zu mischen, sondern die Auswahl daran zu orientieren, welches Ziel erreicht werden solle. Ferner ermunterte Hub die Nachwuchsingenieure zu Kreativität und dazu, auch auf „verrückte Ideen“ zu kommen.
Auf diese Weise inspiriert und betreut von ihren Lehrerinnen Ina Maier und Vanessa Villar werden sich die Schüler nun in Zweier- und Vierergruppen ans Werk machen. Bis 12. Februar 2021 müssen die Modelle der gut durchDACHten Stadiondächer bei der Ingenieurkammer Baden-Württemberg vorliegen. Ob die Preisverleihung auf Landesebene im Frühjahr wie üblich im Europapark stattfinden kann, ist noch offen.