Spiel mit Worten – Poetry-Slam-Workshop am Fredericktag

„Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt. Fantasie aber umfasst die ganze Welt.“ (Einstein 1929)

Mit diesem Zitat initiierte Timo Brunke am 21. Oktober einen Vorstoß in die jedem eigene Fantasiewelt, die mittels Sprache verfügbar und greifbar wird. Die Achtklässler des Stromberg-Gymnasiums waren dabei seine Adressaten. Anlass war der jährlich stattfindende Fredericktag, bei dem landesweit Aktionen zur Sprach- und Leseförderung stattfinden.

Ein lockerer Stuhlkreis, der erste Schlagabtausch beginnt: ein Wort bringt das nächste mit sich per Ballwurf: „Frühstück“ – „Honig“ – „Bienen“ – „Insektensterben“ – „Insektenhotel“ – „grüner Schulhof“ – spontane Assoziationen ergeben einen Schlagabtausch und erzählen bereits ungeahnt etwas davon, welche Bewusstseinsbereiche sehr präsent sind.

In einem zweiten Schritt kursiert ein „Beutel voller Probleme“, gefüllt mit vielen kleinen Gegenständen, die scheinbar wertlos sind, im Dialog mit dem Nachbarn aber Leben eingehaucht bekommen: Gemäß dem Motto Pippi Langstrumpfs „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt“ suchen die problembehafteten Gegenstände eine sofortige Lösung beim Sitznachbarn, sodass sogleich kleine Episoden entstehen, teils sehr skurril, aber mit Ernsthaftigkeit vorzutragen. Kreatives Problemlösen ist hier gefragt, initiiert durch Gegenstände, die in kein Schema passen.

In einem dritten Schritt näherten sich die Schüler dem Ziel eines Mini-Poetry-Slam-Turniers: Auf dem Boden entsteht ein „Gemüsebeet“ aus unverbundenen Wenn-Dann-Sätzen, die, gemischt, das Thema für einen Kurzvortag ergeben, der vorbereitet und vorgetragen werden soll. Was zählt, ist der Fluss des Schreibens in der zeitlich begrenzten Vorbereitung und die Flüssigkeit und Überzeugungskraft im ebenfalls zeitlich begrenzten Vortrag: „Wenn jetzt ein Handy klingelt“ … „dann züchte ich Tomaten“. Der Schlagabtausch der Schülerinnen und Schüler wurde per Klatschen einem Ranking unterzogen. Nach zwei Schulstunden waren alle richtig „in Fahrt gekommen“, einmal ganz anders gefordert. Wer genau hinhörte, konnte der Vorstellung folgen, dass Sprache die Welt nicht nur fixieren kann, sondern ebenso die Möglichkeit in sich trägt, sie anders zu denken. Die Schülerinnen und Schüler würdigten Brunkes praktische Einführung in die Welt der „Schlagfertigkeit“ mit Applaus.

Was die Schülerinnen und Schüler von diesem „Ausbüxen“ in eine Welt der Vielfalt der Sprache ohne konkreten Fokus auf Form und Aufbau mitnehmen? Sie haben erlebt, wie der Zufall die Kreativität anregt, wie aus scheinbar absurden Situations-Schnipseln neue Geschichten erwachsen. Sie haben erfahren, dass Kreativität Denkspielraum braucht und genau dort seine Ästhetik entfaltet, wo einem selbst die „Worte durchgehen“. Denkspielraum bedeutet jedoch nicht, ohne Sinn und Zweck loszuschreiben. Sinn und Zweck ist das Teilen der eigenen Wortspielerei, die ganz bestimmt den ein oder anderen berührt hat.

Barbara Hartmann, Jana Pregenzer