Am vergangenen Freitag brachte die Unterstufen-Theater-AG des Stromberg-Gymnasiums unter der Leitung von Dorothea Schwilk „Das kalte Herz“ auf die Bühne und zeigte dabei, dass das alte Märchen von Wilhelm Hauff eine auch heute noch gültige Botschaft hat.
Den Vorweihnachtsstress hatte man am Freitagabend schnell vergessen, denn bereits beim Betreten des Schulgebäudes umwehte die Gäste köstlicher Waffelduft, begleitet von der bekannt schwungvollen Musik der „Swinging Melons“. Schnell füllten sich die Plätze mit kleinen und großen Zuschauern, die gespannt darauf warteten, was dieser bunte Märchenabend an Überraschungen bringen würde.
Daran, dass es gelingen würde, „Bücher zum Leben zu erwecken“, wie es im von Schwilk komponierten Einstiegs-Rap hieß, bestand von Anfang an kein Zweifel. Dank der neuen Rückprojektionsleinwand wurden Schauspieler und Zuschauer direkt mitten in den Schwarzwald versetzt, wo die Hauptfigur Peter Munk lebt. Peter Munk (gespielt von Niklas Beller und Sarah Steger) ist unzufrieden mit seinem Leben als Sohn eines Köhlers, er will lieber reich und beliebt werden – und dafür ist ihm beinahe jedes Mittel recht. Die warnende Frage des Erzählers, ob er denn auch geizig und hartherzig werden wolle, überhört er. Stattdessen hält er sich lieber an das Glasmännlein (Milla Ansel und Amelie Betz), das ihm – weil er ein Sonntagskind ist – drei Wünsche gewährt.
Als Zuschauer ahnt man schon, dass Peter Munk diese Wünsche nicht klug wählen wird, viel zu groß ist seine Sehnsucht nach Ruhm und Anerkennung, und man kann es ihm kaum übel nehmen, denn wer hat sich nicht schon einmal aus dem Bauch heraus falsch entschieden und jede Warnung überhört? Tanzen wie der Tanzbodenkönig (Amelie Betz) will Peter und so viel Geld wie der dicke Ezechiel (Joschua Hettler) besitzen und dann noch eine eigene Glashütte mit Pferdegespann. Obwohl nicht erfreut über diese Wünsche, erfüllt das Glasmännlein sie ihm doch und für Peter wendet sich das Blatt: Er wird zum angesehensten Mann im Schwarzwald.
Doch Peter ist ein schlechter Geschäftsmann und bald bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Holländer Michel (Joschua Hettler) um Hilfe zu bitten, der mit dem Bösen im Bunde steht. Dieser gibt ihm Geld – doch nur im Tausch gegen Peters Herz. Als der Holländer Michel mit lautem Knarren seinen Schrank öffnet, in dem man etliche Herzen hängen sieht, und laut deren Pochen durch die Schulaula hallt, bleibt den Zuschauern fast das eigene Herz stehen. Das drohende Unheil lässt allen das Blut in den Adern gefrieren, doch Peter in seiner Verblendung schlägt ein und erhält zum Tausch ein kaltes Herz aus Stein.
Im zweiten Teil des Stücks geht es dann rasant bergab mit Peter. Zwar trifft er Lisbeth (Jana Rogalla), die seine Frau wird – allerdings auch nur, weil ihre Eltern von Peters Reichtum angetan sind. Peter selbst wird immer unbarmherziger und geiziger, wirft sogar seine Mutter (Mia Werner) aus dem Haus und erschlägt in einem Wutanfall seine Frau. Er wird jedoch bald von Gewissensbissen geplagt und versucht verzweifelt, sein Herz zurückzuerlangen, was ihm letztendlich durch eine List auch gelingt. Reuig bricht er schließlich zusammen, woraufhin das Glasmännlein ihn wieder mit seiner Mutter und der wiedererweckten Lisbeth zusammenführt. So erkennt Peter am Ende, dass es doch besser ist, bescheiden und zufrieden zu sein, als Geld und Güter zu haben, aber ein kaltes Herz.
Sichtlich begeistert zeigten sich die Zuschauer von dem mitreißenden und professionellen Spiel der jungen Schauspieler, die allesamt aus der Differenzierungsgruppe „Theater“ stammten. Bis in die Nebenrollen hinein (so zum Beispiel Lena Mühlfelder als ruppiger Wirt) war das Stück hervorragend besetzt, was auch von den Zuschauern bemerkt wurde. „Frau Schwilk besetzt die Rollen immer mit so viel Gespür für den Charakter ihrer Schüler, dass sie sich während der Arbeit am Stück auch persönlich weiterentwickeln können. Das ist immer wieder erstaunlich“, bemerkte Anja Fink, die seit Jahren Fan von Schwilks Inszenierungen ist.
Neu war in diesem Jahr dagegen das geschickte Spiel mit den Erzählebenen. Nachdem die wechselnden Erzählerinnen (Leonie Schneider, Valerie Maier, Jana Rogalla, Mia Werner und Lena Mühlfelder) gerade noch im gemütlichen Lesesessel unterhalb der Bühne gesessen hatten, fanden sie sich kurz darauf auf der Bühne wieder und kommentierten dort das Geschehen, sprachen mit den Darstellern oder wurden sogar barsch zum Diktat gebeten. Auf diese Weise erhielt das Stück einige überraschende Wendungen, die sicher noch lange im Gedächtnis bleiben.
Interessant wurde die Inszenierung auch durch den Einsatz der neuen Leinwand in Kombination mit einem Kurzdistanzbeamer, da man sich als Zuschauer so urplötzlich mitten im warmen Licht des Wirtshauses und gleich darauf wieder im kühlen Schatten des Schwarzwaldes wiederfand, ohne dass die Schauspieler vom Licht des Beamers in ihrem hervorragenden Spiel gestört wurden. Besonders zu loben sind daher auch die Schüler der Technik-AG, die sich in kurzer Zeit mit der anspruchsvollen Bedienung vertraut gemacht und selbst eigene Ideen zum Einsatz eingebracht haben.
Allen an der Aufführung Beteiligten gebührt großes Lob für ihre Leistung. Mit Spannung wird schon jetzt die nächste Theateraufführung im Frühjahr erwartet, bei der die Mittelstufen-Theater-AG des SG eine Komödie auf die Bühne bringen wird.
Bericht: Sophia Hammel